Friß und stirb

„Lasset Eure Nahrung Eure Medizin und Eure Medizin Eure Nahrung sein“, empfahl der große griechische Arzt Hippokrates von Kos (460 – 370 v. Chr.) Dem Folge zu leisten, ist heute leider kaum mehr möglich. In einem der reichsten und weitestentwickelten Länder der Welt, in einer Gesellschaft der Freiheiten und des Überflusses, in dem alles machbar ist, ist es praktisch unmöglich, ein Stück Fleisch zu bekommen, das nicht krank macht! Klingt paradox, ist es aber nicht…

Es ist des Menschen Natur, aufwärts zu streben 1. Gerade in Gesellschaften mit ausgeprägtem Wohlstandsgefälle versuchen die unteren Gesellschaftsschichten, den höheren nachzueifern. Ein Zeichen von Wohlstand ist der Konsum. Und so möchte sich auch die breite Masse mit Besitztümern, Statussymbolen, pompösen Feiern und üppigem Essen „schmücken“ – zu Preisen, die sie sich leisten kann.

Die Industrie reagiert prompt: schnelle Massenproduktion für kleine Preise. Gerade die Agroindustrie erhält dabei zahlungskräftige Unterstützung von ganz oben: Mehr als 40 % der EU-Ausgaben fließen als Subventionen an landwirtschaftliche Betriebe. Hinzu kommen zahllose indirekte geldwerte Vergünstigungen. Damit speisen unsere Politiker einen krankmachenden Trend in unserer Gesellschaft: Quantität über Qualität – lieber viel Schlechtes konsumieren als wenig Gutes. Agroindustrielle Großmanager verdrängen alteingesessene, echte Bauern vom Markt 2. Sie bewirtschaften immer größere Monokulturflächen und Mastanlagen: Tier an Tier, Frucht an Frucht, soweit das Auge reicht.

Vor allem die moderne Fleischindustrie macht sich ethischer Verbrechen an Mensch und Tier schuldig: Ihre Produkte haben mit gesundheitsspendenden Lebensmitteln nicht mehr viel gemein. Medikamente und Mastförderer treiben die Tiere zu unnatürlichem Wachstum an – da ist es naheliegend, daß hoher Fleischverzehr heutzutage auch bei uns zu unkontrolliertem Zellwachstum, also zu gehäuften Krebserkrankungen führt 3, 4. Zu viel des modernen Billigfleischs steigert zudem offenbar das Risiko für Gicht, Metabolisches Syndrom und Herz-Kreislauferkrankungen und senkt unsere Lebenserwartung 5. Von moralischen Gesichtspunkten der Intensivtierhaltung, Massentransporte und Fließbandschlachtung ganz zu schweigen. Die Bio-Branche hat zwar höhere Standards, heilig ist sie aber deshalb nicht. Haben Sie sich z. B. einmal gefragt, wer Ihre Bio-Eier legt? Richtig, eine Henne. Über den Verbleib der männlichen Küken legen auch die Bio-Landwirte gern den Mantel des Schweigens…

All das sind Leiden unserer „zivilisierten“ Überflußgesellschaft. Noch vor rund 150 Jahren starb man an körperlichem Verschleiß durch harte Arbeit, nicht an den Folgen minderwertiger und übermäßiger Nahrung. Damalige Lebensmittel wurden ihrem Namen noch gerecht, waren frei von Chemikalien, Medikamenten und Wachstumsbeschleunigern. Fleisch stammte von Schweinen uralter Rassen, die viele Monate Zeit hatten, durch artgerechte, urheimische Fütterung Kilo um Kilo natürlich heranzuwachsen. Ich bin der festen Überzeugung, daß das Fleisch von vor 150 Jahren gesundes Fleisch war. Und noch gesünder war es, wenig davon zu essen. Immerhin tischten sogar die Erzeuger selbst, die damaligen echten Bauern, nur selten Fleisch auf 6. Doch auch vor 150 Jahren war nicht alles eitel Sonnenschein und vor allem liegt diese Zeit in der Vergangenheit. Überlegen wir also, was wir heute tun können, um diese schändliche Entwicklung umzulenken:

· Konsumieren wir maßvoll und am besten vegetarisch, denn das erhält unsere Gesundheit, vermindert das Leid unserer Mitgeschöpfe und schont wertvolle Ressourcen wie Wasser, Luft und Boden.
· Unterstützen wir regionale Kleinbauern, die in Bio-Qualität produzieren oder pflanzen wir selbst einmal Gemüse an.
· Investieren wir in verantwortungsvoll produzierte Lebensmittel von hoher Qualität. Denn das Geld, das wir mit billiger, minderwertiger Nahrung vermeintlich einsparen, müssen wir Jahre später investieren, um die daraus resultierten Erkrankungen zu bekämpfen.
· Und zu guter Letzt: Schaffen wir alle Subventionen ab!

Ihr Dr. G. Pandalis (Enkel eines echten Bauern)

1) siehe auch Wachsen wir noch oder wuchern wir schon Urheimische Notizen 1/2013
2) Gurrath P (Hg.): Landwirtschaft in Deutschland und der Europäischen Union 2006.
3) Rohrmann et al. BMC Medicine 2013 11:63.
4) siehe auch Krebs: Die Krankheit der Moderne Urheimische Notizen 2/2012
5) Sinha R, et al. Arch Intern Med. 2009 Mar 23;169(6):562-71
6) Girtler R „Echte Bauern – Der Zauber einer alten Kultur “, Böhlau Verlag 2002