Chemiecocktail Trinkwasser

Was in den Körper aufgenommen wird, muß auch wieder hinaus. Das gilt auch für Arzneimittel. Bei Medikamenten gelangt vieles ins Abwasser, weil der Körper es ungenutzt wieder ausscheidet. Das gilt z.B. für Antibiotika, von denen 75% direkt „durchrauschen“. Bei einer Verordnungsmenge von 400 Tonnen in Deutschland pro Jahr kommt da einiges zusammen. Für den Entzündungshemmer Diclofenac, der besonders gefährlich für die Umwelt ist, gilt ähnliches, bei einer Verordnungsmenge von jährlich 90 Tonnen.

Das Umweltbundesamt hat bei seinen Forschungen schon 160 Wirkstoffe in Flüssen und Seen nachgewiesen. Wohlgemerkt in unseren Oberflächengewässern und bei Tierarzneien sogar bis bereits in oberen Schichten des Grundwassers, nicht nur in der Abwasserleitung.

Denn unsere Kläranlagen sind in der Regel mit den chemischen Stoffen völlig überfordert. Ein gutes Beispiel liefert der Wirkstoff der Antibabypille. Er imitiert ein körpereigenes Hormon. Die Rückstände des natürlichen Hormons werden im Abwasser schon nach zwei Tagen halbiert, das künstliche erst nach 17 Tagen. Bisher negiert die Wissenschaft mögliche Folgen der Rückstände für den Verbraucher, obwohl Fische und andere Wasserlebewesen deutliche Schäden erleiden. Ob auch beim Menschen ein Zusammenhang mit der nachlassenden Fruchtbarkeit zu sehen ist, bleibt bislang „ungeklärt“, wie das Trinkwasser. So ganz glaubt man die Unbedenklichkeit wohl selbst nicht. Wenigstens versucht man inzwischen Filteranlagen in Krankenhäusern und Alten-/Pflegeheimen nachzurüsten. Hier in Deutschland können wir uns diese Art von Schadensbegrenzung wenigstens finanziell noch leisten. Viele ärmere Länder, z.B. in Südeuropa, leiten ihre Abwässer und damit das Gift, was wir ihnen zuvor geliefert haben, immer noch völlig ungeklärt in die Adria oder die Ägäis.

(Pauler H: Patient Umwelt. Greenpeace Magazine 2014,5 S. 18f ; Segner H: Hormone als Schadstoffe. Biologie in unserer Zeit 2014, 4, S.232-241)