Aus eigener Kraft

Der Mensch, so heißt es, ist was er ißt. Leider halten selbst Lebensmittel mit Bio-Etikett nicht immer das, was sie versprechen. Denn auch hier hat die EU mit ihrer Subventionspolitik für so manche Fehlentwicklung gesorgt. Eindrucksvolles Beispiel sind die riesigen Obst- und Gemüseplantagen im wasserarmen Südspanien. Doch wir müssen diese Produkte ja nicht kaufen. Unser Vorschlag: Einen eigenen Garten anlegen, der sich an urheimischen Prinzipien orientiert.

Es gibt sie, die Glücklichen, die in den zurückliegenden Monaten von einer „Pandemie“ so gut wie gar nichts mitbekommen haben. Dazu gehören zum Beispiel die Bewohner von Klöstern, die den ganzen Tag im Freien arbeiten und gegen die Berichterstattung in den Medien immun sind. Vom Glück beschienen sind auch all jene, die einen eigenen Garten haben und sich im Notfall aus eigener Kraft versorgen können. Die meisten Deutschen leben jedoch in der Stadt; ein eigener Garten ist da in weiter Ferne. Schon vor einiger Zeit hat, vor allem bei Familien mit Kindern, ein Sturm auf die Bewerber-Listen der Kleingarten-Anlagen eingesetzt. In der von Politik und Medien zur tödlichsten Pandemie aller Zeiten erklärten Erkrankungswelle ist die Nachfrage noch einmal deutlich gestiegen. In Städten wie Berlin, Hamburg und München, vermeldet etwa der Bundesverband Deutscher Gartenfreunde, habe sich die Nachfrage gar „vervierfacht“ (1).

Noch gibt es genügend Fläche –nötig ist der politische Wille
Ausgehend von der Gesamtfläche Deutschlands wäre es kein Problem, jedem Einwohner ein ausreichend großes Stück Land zur Verfügung zu stellen. Eine Fläche von 300 qm pro Person reicht für ein Areal, auf dem urheimische Pflanzen, Sträucher und Bäume gedeihen können, völlig aus. Bezogen auf die gesamte landwirtschaftlich genutzte Fläche in Deutschland bedeutet das: Würden nur 13 Prozent abgezweigt, könnte jeder Einwohner einen eigenen urheimischen Garten anlegen – und wäre damit für Krisenzeiten bestens gewappnet (2).

Voraussetzung dafür ist allein der politische Wille. Denn anstatt die Natur so zu lassen wie sie ist oder für Garten- und Ackerbau zu nutzen, wird lieber in Wohnungen, Straßen oder gar Flughäfen investiert. In ihren Sonntagsreden geloben Politiker zwar, dem Flächenfraß Einhalt zu gebieten. Doch wenn der nächste millionenschwere Investor um die Ecke biegt, um ein Großprojekt zu realisieren, ist das Geschwätz von gestern schnell vergessen. Natürlich sind die meisten von uns bequem geworden und beruhigen ihr Gewissen mit dem Kauf von Produkten aus ökologisch korrektem Anbau. Doch auch dort wird nicht immer so gearbeitet, wie es wünschenswert wäre. Denn die Bürokraten in Brüssel würden ihrem Ruf nicht gerecht, wenn sie nicht auch beim Anbau von Bio-Obst und Bio-Gemüse Praktiken tolerierten, die sich aus unserer Sicht nicht mit den Prinzipien ökologischer Landwirtschaft vertragen. So läßt die EU zum Beispiel auch beim Öko-Landbau das Impfen mit Bodenbakterien zu (3). Um Mißverständnissen vorzubeugen: Biologische Landwirtschaft ist allemal besser als die konventionelle Form. Doch aus urheimischer Sicht zählt etwa das Impfen mit Bodenbakterien zu den unzulässigen Eingriffen in die Natur.

Es muß nicht immer Kaviar seinSelbst Sterneköche haben in den vergangenen Jahren so manches heimisches Gemüse wiederentdeckt und ihre Kunden damit gelehrt, daß kulinarisch Wertvolles nicht zwingend vom anderen Ende der Welt kommen muß. Die Erträge unseres urheimischen Gartens wie Dicke Bohnen lassen sich mit ganz einfachen Mitteln in eine Delikatesse verwandeln: Gutes Olivenöl dazugeben, eine Handvoll Schnittlauch und vielleicht noch frische, grüne Erbsen. Zusammen mit den selbst angebauten Kartoffeln ergibt das eine nahrhafte, vollwertige und exquisite Mahlzeit.

Wildpflanzen gehören mit dazu
Ein eigener, nach urheimischen Prinzipien angelegter Garten ist also auf jeden Fall besser als der professionelle ökologische Landbau es je sein kann. Wie bepflanzen wir also unser Land, das wir demnächst von unseren Politikern einfordern? Zunächst einmal: Angesichts der teilweise schlechten Luftqualität in Deutschland, die kürzlich auch in einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) konstatiert wurde (4), ist es wichtig, daß der Garten in der Nähe (am besten auf der Südseite) eines Waldes liegt. Denn damit kann auch im Winter die Speisekarte mit Waldfrüchten wie Bucheckern und Eicheln angereichert werden – eine ideale Ergänzung zu Kartoffelgerichten zum Beispiel. Ein Zaun (kein Stacheldraht!) ist sinnvoll, um Tiere wie Wildkaninchen oder Rehe auf Distanz zu halten. Wir sind keine Befürworter von Zäunen,  doch ohne Schutz bleibt von unserer Ernte womöglich nicht allzuviel übrig.

Die vorgeschlagenen 300 qm pro Person genügen, um angenehm satt zu werden und den Körper mit der ausreichenden Menge an Vitalstoffen zu versorgen. Auf diese Weise sind wir am besten vor chronischen Krankheiten geschützt und haben in Notfall-Situationen ausreichend Nahrungsmittel zur Verfügung. Eine Bemerkung vorweg: Die Auswahl der im Folgenden vorgeschlagenen Pflanzen ist nicht in Stein gemeißelt und es muß auch nicht alles gleichzeitig angepflanzt werden – wichtig ist, erst einmal einen Anfang zu machen.

Meist haben sich auf einem Stück Land schon einige Wildpflanzen angesammelt, die wir dort getrost stehen lassen können. Wie immer im Leben ist auch hier die Mischung entscheidend. Wildpflanzen, die bereits da sind, kombiniert mit jenen urheimischen Sorten, die wir gezielt anbauen, bieten eine optimale Versorgung mit Vitalstoffen und sind der beste Schutz vor Krankheiten. Im urheimischen Garten werden nur alte Sorten angebaut, also solche, die hierzulande schon seit mindestens 300 Jahren wachsen und gedeihen und die zum Beispiel bei Dreschflegel, Bingenheimer Saatgut und Rühlemann’s in Bio-Qualität angeboten werden.

Die Basis

  • Dicke Bohnen (Vicia faba)
  • Kichererbsen (Cicer arietinum)
  • Kartoffeln (Solanum tuberosum)
  • Erbsen (Pisum sativum)
  • Rispenhirse (Panicum miliaceum)
  • Wild-Tomaten (Solanum lycopersicum)
  • Gurken (Cucumis sativus)
  • Wollköpfige Kratzdistel(Cirsium eriophorum) – feine Artischocken-Alternative
  • Wilde Karde (Dipsacus fullonum)
  • Gänsedistel (Sonchus oleraceus)
  • Löwenzahn (Taraxacum sect. Ruderalia)– Wiesenlöwenzahn: März/April, Herbst-Löwenzahn (Leontodon autumnalis)
  • Kleiner Wiesenknopf (Sanguisorba minor)
  • Tripmadam (syn. Felsen-Fetthenne) (Sedum rupestre)
  • Wildkohl (Brassica oleracea)
  • Rainkohl (Lapsana communis)
  • Wilde Möhre und Gartenmöhre (Daucus carota subsp. carota / Daucus carota subsp. sativa) (eine Mischung ist optimal, die wilde Möhre ist wesentlich aromatischer)

Am Rand

  • Giersch (Aegopodium podagraria)
  • Schnittlauch (Allium schoenoprasum)
  • Meerrettich (Armoracia rusticana)
  • Quecke (Elymus repens)
  • Klatschmohn (Papaver rhoeas)
  • Guter Heinrich (Chenopodium bonus-henricus)
  • Thymiandost (Origanum vulgare)
  • Echtes Mädesüß (Filipendula ulmaria)
  • An feuchten Stellen Echte Brunnenkresse (Nasturtium officinale)
  • Scharbockskraut (Ranunculus ficaria)
  • Ackerminze (Mentha arvensis)
  • Petersilie (Petroselinum crispum)

Sträucher

  • Haselnuß (Corylus avellana)
  • Schwarzer Holunder (Sambucus nigra)
  • Johannisbeeren (Ribes rubrum/Ribes nigrum)

Unter den Sträuchern

  • Knoblauchsrauke (Alliaria petiolata)
  • Hopfen (Humulus lupulus)
  • Bärlauch (Allium ursinum)
  • Süßdolde (Myrrhis odorata)
  • Pfefferwurz (Pimpinella saxifraga)
  • Nelkenwurz (Geum urbanum)

Bäume (alte Sorten)

  • Apfelbäume (Malus domestica)
  • Birnbäume (Pyrus communis)
  • Quittenbäume (Cydonia oblongata)

Ein Wort noch zum Schluß: Natürlich erfordert ein eigener Garten Zeit und Energie. Doch wie wäre es, wenn die Zukunft in einer klugen Arbeitsteilung liegt? Wer im Augenblick nicht die  Möglichkeit hat, ein eigenes Stück Land zu bewirtschaften, könnte sich auf die Suche nach Gleichgesinnten machen und das Projekt Selbstversorgung mit vereinten Kräften starten. Der Kreativität sind auch hier keine Grenzen gesetzt.

Was tun mit den Garten-Abfällen?Der Komposthaufen ist in vielen Gärten ein gewohnter Anblick. Im urheimischen Garten können wir darauf verzichten. Besser ist eine Flächenkompostierung – das heißt, die Abfälle werden dort liegen gelassen, wo sie ursprünglich herkommen. Das sieht zwar nicht so „Deutsch“ aus, ist aber effizienter als ein Komposthaufen, der immer wieder umgeschichtet werden muß. Der Boden kann bei Bedarf mit Gesteinsmehl oder Vulkanerden angereichert werden. Aber: Finger weg vom Torf. Torf ist ökologisch zu wertvoll, als daß man ihn als Dünger verwenden dürfte (5).

 

[1] https://www.kleingarten-bund.de/de/Aktuelles/kleingaerten-in-corona-ze/

[2] vgl. G. Keil: Vegetarisch, Medizinhistorische Mitteilungen 34 (2015), S. 55-59

[3] https://eur-lex.europa.eu/legalcontent/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:02008R0889-20170521, S. 7 (4)

[4] https://www.deutschlandfunk.de/eughurteil-zu-stickoxid- belastung-worum-es-beimstreit-um.697.de.html?dram:article_id=498221

[5] https://www.umweltbundesamt.de/themen/kein-torf-in-den-topf